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Geschichte

Aus der Vergangenheit unserer Gemeinde ...

Das Gebiet der heutigen Gemeinde St. Radegund am Fuße des Schöckls kann auf eine sehr lange Besiedelungsgeschichte zurückblicken, wobei die ältesten Funde noch aus der Steinzeit stammen. Im Gegensatz zur Bronze- und Keltenzeit hinterließen später die Römer - die das Gebiet Noricums (zu welchem auch das Schöcklgebiet gehörte) okkupiert hatten - zahlreiche Zeugnisse ihrer Anwesenheit. So konnten bei archäologischen Grabungen des Instituts für Archäologie der Karl-Franzens Universität Graz im Sommer 2017 Reste einer römischen Kultstätte aus dem 2. bis 3. Jahrhundert nach Christus nachgewiesen werden. An der Nordseite der Pfarrkirche von St. Radegund wiederum befindet sich eine in Stein gemeißelte Darstellung eines römischen Ehepaars. Im 6 Jhdt. besiedelten Slawen das Gebiet. Deren Präsenz spiegelt sich in zahlreichen Orts- und Flurnamen der Region ebenso wieder, wie jene der Bajuwaren, die sich spätestens im 9. Jahrhundert n. Chr. hier niederließen.

KIRCHE UND BURG EHRENFELS

Um das Jahr 1000 gehörte das Areal am Südosthang des Schöckls den Hochfreien von Traisen. 1185/1186 - die Besiedelung des heutigen Gemeindegebietes war zu diesem Zeitpunkt bereits mehr oder weniger abgeschlossen - erfolgte der Bau eines Kirchleins, welche im Jahre 1295 der Hl. Radegundis geweiht wurde. Einige Jahre später errichteten die nachmaligen Ehrenfelser ihre Burg, die noch heute teilweise erhalten ist. In jener Zeit bildete St. Radegund einen Bestandteil der Herrschaft Gutenberg und am 1. Mai 1326 wurde der Ort in einer Urkunde des Stiftes Stainz als „Radegunßdorff“ erstmals genannt. In den folgenden Jahrhunderten waren die Bewohner zahlreichen Bedrohungen und Entwicklungen ausgesetzt, die sich von jenen der umliegenden Dörfer nicht wesentlich unterschieden. Herausragend ist in diesem Abschnitt jedoch die im Verlauf des 18. Jahrhunderts erfolgte Errichtung des Kalvarienberges – einer der schönsten seiner Art!

SCHÖNSTER VOLKSKALVARIENBERG MITTELEUROPAS

Im Jahre 1768 hat Pfarrer Franz Xaver Braun mit der Errichtung des einzigartigen St. Radegunder Kalvarienberges begonnen. Neben den 14 üblichen Kreuzwegstationen wird hier die ganze Passion Christi gezeigt und so entstanden im Laufe der Jahre 22 Stationen, vom Letzten Abendmahl bis zur Grablegung sowie eine „Heilige Stiege“, die mit der Auferstehung Jesu den eigentlichen Höhepunkt des Kalvarienberges darstellt. Heute zählt dieses Zeichen des Glaubens und der Volksfrömmigkeit mit seinen 22 Stationen und über 60 Figuren zu einem der schönsten Volkskalvarienbergen Mitteleuropas. Im Zuge von Sanierungsarbeiten an einem ehemaligen Wohnhaus am Fuße des Kalvarienberges im Jahre 2018, ist man auf die Ursprünge der Anlage, die „Jesus-Maria und Josef Bruderschaftskapelle“ gestoßen, die sich zumindest bis in das Jahr 1732 an diesem Ort zurückverfolgen lässt. Zudem hat man hier Reste eine Klause entdeckt, die von Eremiten bewohnt wurde. Heute befindet sich in dieser „Eremitage“ eine Schauklause sowie ein kleines Museum über die Geschichte des Kalvarienberges St. Radegund. Seit 1807 ist der Kalvarienberg im Besitz der Gemeinde und wird vom „Verein zur Rettung und Erhaltung des Kalvarienberges" vorbildlich betreut.

Der Kurort: Wasser - Luft - Bewegung

Eine markante Änderung erfuhr St. Radegund im Verlauf des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit erlebte die örtliche Kaltwasserheilanstalt - 1841 als deren erste in der Steiermark zugelassen - ihren Aufstieg - und mit ihr der gesamte Ort. Diese „Goldene Ära“ ist untrennbar mit dem Namen Dr. Gustav Novy verbunden, der nicht nur fachlich kompetent agierte, sondern auch ein geschicktes Marketing betrieb. Die dadurch angereiste mondäne Kurgesellschaft beeinflusste auch das Erscheinungsbild des, bis dahin unscheinbaren, landwirtschaftlich geprägten Dorfes: eine Kuranstalt mit einem imposanten Kursaal und zahlreiche Villen wurden errichtet, Quellen gefasst, Wege angelegt und die Infrastruktur ausgebaut. 1912 wurde die Gemeinde Teil des Bezirks Graz-Umgebung. Der wirtschaftliche Aufschwung fand in der Zeit des Ersten Weltkriegs ein jähes Ende. © Harald D. Gröller 2019

Die Kuranstalt nach dem 1.Weltkrieg

Im letzten Kriegsjahr kaufte der Verband der Krankenkassen für Steiermark und Kärnten die Kaltwasserheilanstalt und sanierte die desolaten Gebäude und Einrichtungen: diese Übernahme durch die Krankenkasse wurde als großer Schritt in Richtung Demokratisierung des Gesundheitswesens gefeiert. Damit begann ein neuer und erfolgreicher Abschnitt in der Kurgeschichte von St. Radegund, der sich bis in die Gegenwart (s. Herz – Kreislauf – Heilstätte der PVA) fortsetzen sollte. So wurde der Kuraufenthalt vielen einkommensschwachen Patienten ermöglicht, welche weiterhin auch dezentral, wie im Novy – Konzept vorgesehen, in den privaten Villen untergebracht waren. Im Jahr 1919 wurde die Villa Novy, das Palais des Begründers der Kuranstalt, als Erholungsheim für erholungsbedürftige und unterernährte Kinder adaptiert. Ebenso wurde im Jahr 1928 die Eröffnung derselben Villa als Erholungsheim des Privatbeamtenvereins (das spätere Merkur – Sanatorium) als soziale Errungenschaft gefeiert. Insgesamt erreichte die Zahl der Kurgäste in der Zwischenkriegszeit nicht nur jene der Vorkriegszeiten, sondern übertraf sie sogar.

St. Radegund in der NS–Zeit und im 2.Weltkrieg

Die Gemeindebevölkerung stimmte am 10. April 1938 nicht zu 100% für den bereits vollzogenen „Anschluss“. Das eigentliche Zentrum der NS-Bewegung aber befand sich am Schöckl, wo u.a. jährlich das nationale Turnfest auf der Jahnwiese veranstaltet wurde. Der Hüttenwirt des Stubenberghauses am Schöckl war daher folgerichtig auch der erste NS-Ortsgruppenleiter von St. Radegund.

Im Krieg wurden in St. Radegund zahlreiche „Ausgebombte“ aus dem Ruhrgebiet, Umquartierte und Flüchtlinge in der leer stehenden Kuranstalt und den zahlreichen Privatquartieren untergebracht. Auch der Fürstbischof von Graz – Seckau Ferdinand Pawlikowski suchte am Kriegsende im Pfarrhof Schutz. Der Einzug der Roten Armee in den Ort bedeutete Befreiung von der NS-Diktatur, aber auch Übergriffe durch russische Soldaten. Die ersehnte Erleichterung für die Bevölkerung brachte die nachfolgende Besatzung durch britische Soldaten.

© Franz Christian Weber 2021

Und in neuer Zeit

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war man bestrebt an die wirtschaftlichen Erfolge der Jahrhundertwende anzuschließen. Mit der Errichtung der Schöcklseilbahn (1951) oder der Modernisierung des bereits im Jahre 1929 errichteten St. Radegunder Freibades hat man dahingehend erste Schritte gesetzt. Mit dem Bau des PV-Reha-Zentrum für Herz- Kreislaufpatienten 1973 bzw. dem Neubau 2013 (145 Betten) sowie der Errichtung der Privatklinik St. Radegund für psychosomatische Erkrankungen mit 185 Betten, ist der Kurort St. Radegund heute wieder ein belebter und weithin beliebter Anziehungspunkt für Besucher und Gäste aus Nah und Fern.

© Harald D. Gröller 2019

Der Schöckl

Schöckl © Region Graz - Harry Schiffner
Schöckl © Region Graz - Harry Schiffner

Die Lage am Fuße des 1445m hohen Schöckl macht die Kurgemeinde zu einem auch klimatisch begehrten Wohnort.
Der sagenumwobene Schöckl galt über Jahrhunderte als Blocksberg auf dem sich der Teufel mit den „Schöcklhexen“ immer wieder ein fröhliches Stelldichein gab. Zahlreiche Sagen über Hexen, Schöcklgeister und den Schöcklschatz zeugen davon.

Der berühmte Mathematiker und Astronom Johannes Kepler will die Erdkrümmung bestimmen und besteigt 1601 mühevoll auch den damals fast waldlosen Schöckl. 210 Jahre später kommt Erherzog Johann auf seinem Fußmarsch von Wien nach Graz auf den Schöckl. 1890 schwärmt der steir. Dichter Peter Rosegger von der einzigartigen Aussicht und Alpenflora sowie vom neu errichteten Stubenberghaus.

Auch der Technik dient der Schöckl schon lange. Bereits 1931 wurde von hier die 1. Postrakete der Welt abgeschossen womit der Grazer Ing. Friedrich Schmiedl ein weltbekannter Raketenpionier wurde. Das Schöcklplateau diente in dieser Zeit aber auch als Startplatz für Segelflugzeuge. Neben der im Jahre 1951 errichteten und im Jahre 1994 erneuerten Schöcklseilbahn ist der 110m hohen Sendemast des ORF weithin sichtbar. Heute zählt der Schöckl zu den beliebtesten und meistbesuchten Ausflugszielen der Steiermark.

Die Ortschronik

2016 erschien die neue Ortschronik St. Radegund. 4 Jahre lang haben die Historiker Dr. Bernhard Reismann und DDr. Harald D. Gröller im Auftrag der Gemeinde St. Radegund unzählige Gespräche geführt, in Archiven recherchiert und schließlich – gemeinsam mit örtlichen Gastautoren - ein umfassendes Werk mit beachtlichem historischem Wert entstehen lassen, welches das Ortsgeschehen der Vergangenheit in Wort und Bild festhält.

Auf über 700 Seiten finden sich spannende und unterhaltsame Anekdoten aus früheren Zeiten und viele rare, erstmals veröffentlichte Fotos. Das zweibändige Werk ist auch als exklusives Geschenk für alle Freunde St. Radegunds und Schöcklliebhaber ideal und zum Preis von € 58,- im Gemeindeamt erhältlich.

 

 

GEMEINDEWAPPEN

Die um das Jahr 520 in Thüringen geborene Königstochter Radegundis ist die Schutzpatronin der Pfarrkirche und die Namensgeberin des Ortes. Nachdem sie im Alter von 18 Jahren zur Ehe mit dem Frankenkönig Chlotar gezwungen worden war, entfloh sie nach 20 Ehejahren ihrem brutalen Ehemann nach Frankreich. In Portiers gründete die tiefreligiöse Königin, die die Gelübde als Nonne ablegte, ein Nonnenkloster, in dem sie im Jahr 587 starb. Daher gilt eigentlich die Krone als Attribut der hl. Radegundis. Doch im Laufe des Mittelalters kam es zu einer Vermengung der Vita der hl. Radegundis von Thüringen mit der Legende der hl. Radegundis von Wellenburg (Bayern), deren Attribute, die zwei Wolfsköpfe, im Radegunder Wappen aufscheinen. Diese hl. Radegundis, eine Dienstmagd, war nämlich auf dem Weg zu den Kranken von Wölfen angefallen und tödlich verletzt worden. Das Fest der Pfarrpatronin wird am 13. August gefeiert. Das hölzerne Badeschaff im Wappen weist auf die lange Tradition (seit 1854) von St. Radegund als einen der ältesten Badeorte der Steiermark hin.


Das Wappen wurde der Gemeinde St. Radegund im Jahr 1963 verliehen: In einem von Gold und Rot geteilten Schild oben zwei nebeneinanderstehende schwarze rotbezungte Wolfsköpfe mit roten Augen, unten ein goldenes Badeschaff.